Do you Wechat?



Mein Gehirn ist noch halb am Schlafen. Im Gedanken bin ich noch in meinem warmen kuscheligen Bett. Mit einem Kaffeebecher in der Hand und halbgeöffneten Augen laufe ich die Treppen hoch zum Gleis. Ich staune immer wieder über die Armee von Menschen, die mir tagtäglich am diesem vollgefüllten Bahnhof entgegenläuft. Tja, so sind wir halt, wenn es sein muss – arbeitssüchtig und verantwortungsbewusst. Irgendjemand muss ja die AHV finanzieren..

"Gleis 2, Einfahrt der Intercity nach Bern, Olten und Basel SBB um 7.33 Uhr. Erste Klasse Sektoren A und B, zweite Klasse Sektoren B, C und D" Kommt das euch bekannt vor? Die Stimme dieser Dame scheint zu jeder Tageszeit nett zu sein. Gerne wüsste ich, wie man am Morgen so freundlich bleiben kann.

Haaa, ich bekomme Gesellschaft. Lukas läuft gerade auf mich zu. Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wie die Unterhaltung zweier übermüdeten Menschen stattfindet. Mittlerweile ist der Zug endlich da und wir steigen ein. Dass nur ein paar wenige freie Plätze verfügbar sind, überrascht mich gar nicht, denn der Zug kommt von Interlaken. Wenn man es nicht weiss, könnte man meinen, der Zug käme von China. Liebe Chinesen, danke, dass ihr durch eure grosszügigen Einkäufe die Schweizer Wirtschaft ankurbelt. 

Inzwischen unterhalten wir uns über unsere Ferien. Lukas macht mich schön neidisch, er kommt gerade nach einer 3-wöchigen Auszeit von Bali zurück. Fällt es euch auch auf, dass Asiaten in die Schweiz bzw nach Europa kommen während Schweizer und Europäer ihre Ferien lieber in Asien machen? Haben alle die Idee der Globalisierung kapiert oder macht das Fliegen wirklich so viel Spass?

Neben der Feststellung, dass die meisten Asiaten ein iphone Plus besitzen, was bei uns weniger üblich ist, sprechen sie auch sehr oft mit ihrem Smartphone. Die Sprachnachrichten scheinen sehr beliebt zu sein. Das dafür gebrauchte viereckige grüne App heisst aber nicht Whatsapp, sondern Wechat. Kurze Theorie: Wechat ist das am meisten gebrauchte App in China. Man kann sagen, dass Wechat Instagram, Facebook, Whatsapp und Twitter und Mobile Bankings Apps in einem App zusammenfasst. Das mächtige App wird heute von rund 950 Millionen (2. Quartal 2017) Menschen genutzt, davon sind fast 76% der Benutzer Chinesen. Ausser Instant Messaging hat Wechat noch Vieles anzubieten wie beispielweise Audionachrichten, Videotelefonie, Fotos, Videos, Kontaktinformationen sowie Standort zu teilen und zu kommentieren, Essen bestellen, Spiele spielen oder kontaktloses Bezahlen. Nicht zuletzt kann man sogar ein E-Shop über Wechat betreiben. Woow, ich denke, selbst Zuckerberg wäre begeistert von so einem all inclusive App. Schade steht das App nicht zum Verkaufen, sonst wäre das längst geschehen.
 
Für westliche Unternehmen, die eine Expansion nach China oder Asien beabsichtigen, wird Wechat früher oder später unerlässlich sein. Durchschnittlich verbringt ein chinesischer Internetnutzer ca. 90 Minuten täglich auf Social Media Plattformen. 40% aller User suchen auch gezielt nach bestimmten Produkten oder Marken. Schon diese zwei Tatsachen stellen ein grosses Potenzial für Unternehmen dar. Selbstverständlich gibt es noch andere einflussreiche Plattformen und Apps wie Weibo oder QQ. Es verlangt aber viel Wissen und Recherchen, um zu verstehen, wie sich die Chinesen auf diesen Plattformen verhalten und was sie wollen. Die Herausforderung für Marketingabteilungen in den internatinalen Unternehmen steigen.

Falls jemand von euch in nächster Zeit von Thun nach Bern fährt, denkt an diesen Blogbeitrag. 

Sarah und Lukas

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